Reisetagebuch von Christian Kaiser

A través de los Andes a Chile

Der Drogenhund hat zum Glück nichts gefunden. Ich meine natürlich: Bei keinem der 30 Buspassagiere. Denn schliesslich dauert ein Grenzübertritt im Reisebus immer so lange, wie bei jenem Passagier, der die grössten Probleme verursacht. Und da sich Chilenen und Argentinier wohl gegenseitig nicht so sehr mögen, schikanieren sie sich am Grenzübergang mit Papierkram, Lebensmittel-Importverbot, Gepäckkontrollen und eben: mit Drogenschnüffelhunden.

Was bisher geschah: Nach 6 Wochen Spanisch-Intensivkurs in Buenos Aires haben wir nun die zweite Etappe unserer Reise-Auszeit begonnen, eine Reise durch Patagonien. Dieses Wort löst bei mir Reise-Sehnsucht aus, seit ich als kleiner Pfadi einen Schlafsack der gleichnamigen Marke mein Eigen nannte.

Jedenfalls sind wir also nach Bariloche geflogen, haben dort den Bus nach Puerto Varas (Chile) bestiegen und schadlos die Grenze überquert. Auf dem verbleibenden Teil der 6-stündigen Fahrt werden wir bestens unterhalten, denn unser Chauffeur hat einen Achziger-Jahre-Musikvideo-Megamix aufs Bordunterhaltungssystem geschaltet. Klar, dass wir beide versuchen, Interpret und Titel des jeweiligen Songs möglichst als Erster aus der Erinnerung zu holen. Dieses Spiel ist aber nicht so einfach, da die leise Musik im Fahrzeuglärm fast untergeht und die Bilder fast stumm von Madonna zu Sting zu Bon Jovi zu Laura Branigan wechseln. Wir lachen uns krumm ab all den Dauerwellen, Grufti-Kleidern, Achselpolster-Jackets und Jeans-Overalls, und wollen nicht zu sehr daran denken, dass wir damals selber auch so rumgelaufen sind. Vor lauter 80ies verpassen wir fast noch den Blick auf den Chilenischen „Fuji-san“, den schneebedeckten Kegel vom Volcán Osorno, der sich heute majestätisch vor wolkenlosem Himmel präsentiert.