China ist riesig und das Land eine einzige Grossbaustelle. Dies wurde uns in den letzten Tagen schonungslos vor Augen geführt, bei jeder Fahrt, die wir durch das Land machten. Inzwischen sind wir in 宜昌 (Yichang) angelangt, die Reise führte uns mit Zug, Flugzeug und Auto hierher.
Am Freitag waren wir mit dem Hochgeschwindigkeitszug von Beijing nach Xi’an gefahren, die 1’200km hatten wir in 6 Stunden zurückgelegt. Unser Zug fuhr mit 300km/h und hielt in diversen Städten, von denen wir noch nie gehört hatten. Sechs davon hatten mehr als eine Million Einwohner, Zhengzhou sogar mehr als 6.4 Millionen. Dementsprechend hielten wir an Bahnhöfen mit bis zu 30 Gleisen und modernsten Bahnhofsgebäuden aus Glas und Beton. Die vielen anderen Züge, die wir sahen, waren ebenfalls Hochgeschwindigkeitszüge.
Wir fuhren an ganzen Wäldern von Hochhäusern (mit 30 Stockwerken und mehr) vorbei und an Baustellen, wo solche gleich im Dutzend neu hochgezogen wurden. Oft sahen wir grosse Parzellen in Dreck und Schutt, wo zwischen Baggern und Abrissbirnen noch Reste von gerade zerstörten Dorfhäusern zu erkennen waren. Noch ein Quartier, dass wohl einer Hochhaus-Siedlung Platz machen musste.
Mit dem Zug durchquerten wir die Provinzen Hebei, Henan und Shaanxi, alles mausarme Provinzen, die den Firmen grosse Zugeständnisse gemacht hatten, um Arbeitgeber anzulocken. Mit dem Resultat, das hier die dreckigsten Industrien Chinas stehen und die Umwelt enorm belastet ist. Da auch die Energie vorwiegend aus Kohlekraftwerken kommt, lag dichter Smog über dem Land: Der Himmel war von einer milchig gleissenden Masse bedeckt und die Fernsicht war so bescheiden, dass schon die etwas weiter von der Bahnlinie entfernten Hochhäuser im Dunst verschwanden.
Zwei Tage später, im Flugzeug von Xi’an nach Wuhan, sahen wir auf eine grosse grüne Ebene hinunter, die noch vorwiegend von kleinen Dörfern besiedelt und von schmalen Wegen durchzogen ist. Doch mitten in der Ebene zieht sich die Schneise einer sich im Bau befindlichen, riesigen, sicher 10-spurigen Schnellstrasse. Noch ist sie nicht durchgehend, doch genau zwischen zwei fertigen Teilstücken liegt ein Dorf. Man konnte sehen, dass keine Umfahrung eingeplant ist. Chinas zielstrebiger Aufstieg in die Moderne hat eben ihren Preis und produziert auch viele Verlierer…
Im Landeanflug sahen wir dann ein riesiges Flughafenterminal, doch an den Fingerdocks standen keine Flugzeuge. Wie wir später erfuhren, ist es ganz neu und wurde noch nicht in Betrieb genommen. Es ist etwa zehnmal grösser als das alte Terminal und wird in den nächsten Jahren sicher noch nicht ausgelastet sein. Aber Wuhan bereitet sich auf die Zukunft vor. Die Stadt hat heute schon 9 Millionen Einwohner, das ist mehr als Paris oder New York, und die steigenden Mobilitätsbedürfnisse wollen befriedigt werden.