Reisetagebuch von Christian Kaiser

Cambio del año

Seit dem letzten Artikel ist es schon eine Weile her. Das hat zwei Gründe: Zum einen ist bei uns nach drei Wochen eine gewisse Alltagsroutine eingetreten, was keineswegs negativ gemeint ist. Vielmehr haben wir hier unseren Rhythmus gefunden, womit sich unser Fokus wieder vermehrt auf Genuss und Freizeitaktivitäten gerichtet hat. Zum andern war es in den letzten Tagen hochsommerlich heiss und feucht, deshalb sind wir tageweise rumgehängt wie tote Fliegen: Am Silvester war die gefühlte Temperatur («Sensación Térmica») gemäss Wetterbericht 40.7 Grad Celsius.

Miércoles, 28. diciembre

Dennoch waren wir über den Jahreswechsel nicht untätig: Nebst dem täglichen Spanisch-Unterricht waren wir am letzten Mittwoch zu einem feinen Mittagessen in einem andalusisch bzw. maurisch angehauchten Patio, welcher sich zwar mitten im Zentrum befindet, aber für Unkundige kaum zu finden ist. Danach blickten wir für einmal «von oben herab» auf BsAs, nämlich von der Aussichtsplattform in der «Galeria Güemes».

Schliesslich verabschiedeten wir uns bei ein paar Bier von Mirjam und Martin, zwei Schweizer Weltenbummler, mit denen ich jetzt 3 Wochen in der Schulklasse war. Die beiden machen nun in den kommenden Monaten mit ihrem roten VW-Bus Argentinien unsicher.

Jueves, 29. diciembre

Am Donnerstag besuchten wir das MAMBA. Das hat nix mit der Schlange zu tun, sondern ist die Abkürzung für das «Museo de Arte Moderna de Buenos Aires». Hier haben uns zwei Dinge gefallen: Die grosse Ausstellung von Picasso-Zeichnungen und die Tatsache, dass das Museum dank Klimaanlage auf eine erträgliche Temperatur runtergekühlt war.

Anschliessend spazierten wir durch das aufgemotzte Hafenviertel Puerto Madero, wo wir dann schliesslich auch noch eine Platte Sushi verdrückten. Puerto Madero ist zwar ein modernes Quartier, aber irgendwie werden wir damit nicht warm. Das Quartier mit seinen umgebauten Lagerhäusern und seinen Glas- und Stahl-Hochhäusern könnte überall auf der Welt stehen: Ebenso austauschbare Architektur gibt’s in Hamburg, Oslo, Liverpool, Seattle usw. – zum Teil sogar mit denselben Restaurant-Ketten. Ich verstehe ja, dass auch die Porteños etwas Internationalität in ihrer Stadt haben möchten, doch für uns bleibt Puerto Madero ein Fremdkörper in unserem Bild von Buenos Aires.

Sábado, 31. diciembre

Am Samstagabend waren wir dann an der Silvesterparty von Graciela, meiner Spanisch-Lehrerin. Nebst der eingeladenen Verwandschaft (von der 14-jährigen, händysüchtigen Nichte bis zur liebenswürdigen, 88-jährigen Schwiegermutter) hatte sie sich noch der 6 einsamen Schweizer Sprachschüler erbarmt (siehe meinen Bericht über den 24. Dezember).

Es wurde ein ganz vergnüglicher Abend mit viel Essen, Trinken und argentinischen Traditionen: Zum Beispiel sollen reisefreudige Argentinier, um ihrem Reiseglück fürs nächste Jahr auf die Sprünge zu helfen, mit einem leeren Koffer einmal um den Häuserblock rennen. Zum Glück waren wir etwa 10 Personen, da konnten wir den Koffer jeweils rasch wieder weitergeben. Weiter wird um Mitternacht nicht (nur) angestossen, sondern es muss zum Glockenschlag der Kirche (welcher per Youtube eingespielt wurde) bei jedem Schlag eine Weintraube verspeist werden. Die Hamsterbacken-Gesichter nach dem zwölften Schlag könnt ihr euch sicher gut vorstellen. ¡Feliz año nuevo!

Am Schluss der Party mussten wir uns dann auch von Rafa und Nico verabschieden, meinen anderen beiden «Klassenkameraden», da diese am nächsten Tag nach Iguazú zu den Wasserfällen weiterreisten. Carmen und ich gingen dann morgens um zwei mangels freien Taxis zu Fuss nach Hause: Ein 90-Minuten-Spaziergang bei lauschigen 35 Grad Celsius…

Domingo, 1. enero

Der 1. Januar wurde dann wirklich zur Durchhalte-Übung, denn die Temperatur wollte einfach nicht runtergehen. Und schon gar nicht aus unserer Wohnung, wo die Klimaanlage allenfalls jene Wärme abzuleiten vermag, die der Kühlschrank hinzuproduziert. Weshalb wir dann am Nachmittag nach Belgrano ins Kino geflüchtet sind, wo der Saal erwartungsgemäss ins andere Extrem runtergekühlt war. Der Film jedenfalls hat prima Spass gemacht, können wir nur empfehlen: «Animales fantasticos y donde encontrarlos».

Lunes, 2. enero

Inzwischen gab es auch wieder Zuwachs in meiner Schulklasse, und Roger hatte gleich in seiner zweiten Woche Geburtstag, was natürlich gefeiert werden musste. Das Brauerei-Pub «Antares» mit rund einem Dutzend hauseigenen Bieren eignete sich hierzu perfekt. Danke nochmals Roger, war ein toller Abend!