Reisetagebuch von Christian Kaiser

Monat: Dezember 2016 (Seite 1 von 1)

¿Qué pasa con los chicos?

Die Zeit vergeht wie im Flug, nun sind wir schon bald 3 Wochen in Buenos Aires. Und wir sind völlig schlapp: cansado, desmadejado, pachucho, flácido, chof. Und das ständig, von morgens bis abends, todo el día. Dabei tun wir ja gar nichts Verrücktes. Klar, es ist ständig um die 30 Grad mit hoher Luftfeuchtigkeit, wir sind hier viel mehr zu Fuss unterwegs als zuhause, wir lernen Spanisch como loco und all die alltäglichen Kleinigkeiten brauchen immer noch etwas mehr Aufmerksamkeit als normal, weil das eine oder andere halt hier anders funktioniert. Beispiele gefällig?

1. Einkaufen

Laktosereduzierte Milch gibt’s hier zum Glück, aber das ist dann auch schon alles. Anständigen Reibkäse gibt’s nur im Carrefour, aber nicht im grossen Supermarkt. Fleisch kauft man in Stücken ab 800g aufwärts, Hackfleisch entweder in der 600g- oder 3kg-Packung. Dass alle Produkte anders aussehen und heissen ist ja eigentlich klar und hilft enorm beim Voci-Lernen. Zeigt aber auch schonungslos alle sprachlichen Lücken auf, denn ausgerechnet bei den Begriffen für Gemüse, Fleisch und Milchprodukten lässt sich für einmal nichts aus dem Französischen oder Italienischen herleiten. Für all die Mühsal entschädigt aber die grosse Weinabteilung: Hier findet man jeden erdenklichen Wein (sofern er aus Argentinien stammt) und guten Malbec gibt’s schon ab 110 Pesos (CHF 7.50).

2. Restaurants

Auch hier zeigte sich beim ersten Restaurantbesuch, dass man sich die Wörtli für die wichtigsten Lebensmittel relativ schnell auf die Lernkärtli schreiben sollte. Denn ich hatte auf’s Geratewohl „Mondongo“ ausgewählt, worauf die Serviertochter ohne Rückfrage die bestellten Kutteln servierte…

Beim ersten „Parilla“-Besuch (Fleisch-Restaurant) haben wir vorausschauend die halbe Portion bestellt. Und sind trotzdem nicht hungrig nach Hause gegangen, denn das war dann immer noch gut 350g Filet pro Person. Gestern Abend waren wir trotz vielseitigen Warnungen Pizza essen. Zwar war es recht fein, aber ein echter Italiener würde diesen runden, bunt belegten Käsetoast niemals Pizza nennen.

3. Weihnachten

An Heiligabend auswärts essen gehen, das ist im katholischen Buenos Aires eine schlechte Idee. Wissen wir jetzt, mussten wir aber auf die harte Tour erfahren. Wir machten uns um 19 Uhr auf den Weg, fuhren mit der Subte nach Palermo Hollywood (ein Quartier mit vielen feinen Restaurants), spazierten dann weiter nach Palermo Soho, Palermo viejo, Alto Palermo, Barrio Norte und Recoleta. Alles schöne Barrios und überall geschlossene Restaurants. Um halb zehn landeten wir wieder zuhause, kochten Spaghetti und tranken Malbec. ¡Qué historia!

Und sonst

Ja, und was treiben wir sonst noch, wenn wir grad mal nicht am Einkaufen, Essen, Spanisch lernen oder übers-Nichtstun-jammern sind? Wir erkunden die verschiedenen Barrios mit ihren Häusern und Cafés, wir waren schon im Kino, auf dem Friedhof (Evita Peron) und auf dem Antiquitäten-Markt (Touristenfalle). Seit einer Woche haben wir ein Fitness-Abo und gehen nun 2x pro Woche schwitzen (das geht dort auch ohne Training, denn in den alten Häusern staut sich die Hitze wunderbar). Gestern waren wir hier zum ersten Mal klettern: Die einzige Boulderhalle in der Innenstadt hat zwar die Grösse und den Charme eines ungelüfteten Hobbykellers, aber immerhin kommen wir so nicht ganz aus der Übung (@Roman: Ich werde mich nie mehr beklagen über die zu vielen Leute in Schlieren!). Und schliesslich planen wir Stück für Stück den weiteren Verlauf unserer Reise.

Am 25. Dezember hatten wir einige Skype/FaceTime-Kontakte mit unseren Lieben in der Schweiz: Es war schön zu hören, dass es Euch allen gut geht. Wir freuen uns auch über alle Kommentare hier im Blog, auf Facebook oder via E-Mail. Macht’s gut, bis bald & einen guten Rutsch ins neue Jahr!

Avenida Santa Fe

Die Avenida Santa Fe ist jetzt so quasi mein Schulweg. Das heisst, weil es eine der belebtesten Einkaufsstrassen von BsAs ist, spaziere ich meistens auf einer der Parallelstrassen, man kommt da viel schneller vorwärts. Wenn es aber ums Einkaufen oder einfach um’s Erlebnis geht, dann ist die Santa Fe klar die erste Wahl.

Hombres trabajando

Das europäische Vorurteil über die faulen Arbeiter in Lateinamerika zielt zwar eher auf die schlafenden Mexikaner ab, die unter ihrem Sombrero die Siesta geniessen, aber offenbar muss man auch hier die Menschheit davor warnen, falls die Männer dann mal arbeiten. 😄

 

 

Vereda del Tango

Damit in der Heimatstadt des Tango auch jeder gleich die ersten Schritte lernt, haben sie diese gerade mal im Trottoir verewigt: Quasi der Kilometerstein Null des Tango. Und wir waren nicht die einzigen, die hier versuchsweise ein Tänzchen auf den Asphalt legten.

 

 

 

 

 

El Ateneo

Ich gebe es ja zu, seit der Erfindung von iPad und E-Book ist mein Bedarf an «richtigen» Büchern praktisch auf Null gesunken, doch trotzdem finde ich Bücherläden etwas heimeliges und unverzichtbares für jede Stadt. Und definitiv die spektakulärste Buchhandlung der Welt, das «El Ateneo», liegt hier an der Avenida Santa Fe 1860. Das ehemalige Theater «Grand Splendid» aus den Zwanziger Jahren wurde vor rund 15 Jahren in eine Buchhandlung umgewandelt: Im Zuschauerraum die Bücher, in den Logen die Leseecken und auf der Bühne ein Café mit Live-Pianisten. Kann bitte einer mal dem Orell Füssli sagen, dass in der Stadt Zürich bald das Theater am Neumarkt frei wird?

SPANFERKEL IM SCHRANK

Das mit dem vielen Fleisch in Argentinien hat ja eigentlich keinen Neuigkeitswert mehr, aber wenn man im Supermarkt vor den Kühlboxen durchspaziert und dann zwischen den Glacés und den Gefrierpizzas einfach ein paar ganze Ferkel im Schrank hängen, da muss man schon zweimal hingucken. Leider bringen wir das in unserem Flat nicht in die Mikrowelle, sonst hätten wir gleich eins gekauft. 😁

 

 

 

 

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Hemos llegado

So, nach knapp einer Woche Buenos Aires ist es Zeit für einen kleinen Zwischenbericht. Wir wohnen im Stadtteil Recoleta, welcher zweifellos zu den besseren Gegenden von BsAs gehört. In nächster Nähe gibt es unzählige Cafés, Take Aways, Restaurants, Supermercados, Käse- und Weinläden sowie Kioske, Bankfilialen, Sex shops und Blumenläden. Unsere Wohnung ist im 7. Stock mit Fenster nach Nordwesten (=Nachmittagssonne) auf einen Innenhof. Davor ist ein kleiner Balkon, wo wir auch frühstücken und Znachtessen können.

In der Regel stehen wir um halb acht auf, machen uns startklar und um 8:20 gehe ich auf den Schulweg. Nach ersten Erfahrungen mit dem Bus (vollgestopft, 20min) habe ich mich entschieden, jeweils zu Fuss zur Schule zu gehen. Für die 16 Blocks brauche ich 30min und am morgen ist es angenehm, sowohl was die Temperatur als auch die Anzahl Leute betrifft.

In der Schulklasse sind wir zu fünft, und nach 4 Stunden Spanisch mit Graciela sind wir jeweils ziemlich geschafft. Aber es macht super Spass und wir machen rasch Fortschritte (¡tenemos éxito!). Meistens gehen wir dann noch zusammen Mittagessen: Unsere Schule ist im «Microcentro», also im Geschäftsviertel, und deshalb hat es überall günstige Take aways in der Nähe. Fürs Essen hängen wir dann in den Parque San Martín.

Am Nachmittag bietet die Schule manchmal Exkursionen an, oder wir machen uns selber auf den Weg. Diese Woche haben wir natürlich noch nicht so viel gemacht, wir mussten ja auch erstmal ankommen und uns einrichten. Bis wir nur schon im Supermercado alle Produkte gefunden hatten! Jedenfalls ist hier alles zu bekommen und meistens muss man gar nicht weit gehen dafür. Allerdings kosten die importierten Produkte gleichviel wie zu Hause in der Schweiz. Keine Ahnung, wie sich der Durchschnitts-Porteño sowas leisten kann.

Und wenn wir schon beim Geld sind: Man sieht schon, dass diese Stadt einen vergangenen Glanz hat. Bis in die 30er Jahre war Argentinien noch unter den 10 führenden Nationen der Welt, und dann folgten Jahrzehnte der politischen Misswirtschaft, die in der Krise von 2002 kulminierten. Klar gibt es kein Geld, um Schlaglöcher zu flicken, Häuser zu streichen oder Obdachlose von den Strassen zu holen. Und wir Schweizer sehen wieder mal, wie clean und perfekt bei uns alles läuft bzw. auf welch hohem Niveau wir üblicherweise klagen.

Die Leute hier sind sehr höflich und ruhig, ausser wenn sie gerade Auto fahren oder Fussball schauen, dann lassen sie Dampf ab. Carmen und ich haben uns jedenfalls schon ziemlich in dieser Stadt eingelebt, es fühlt sich an, als wären wir schon viel länger als erst eine Woche hier.

Buenos Aires en breve

Heute nur Kurznotizen:

  • Erster Schultag mit anschliessendem Lunch und Stadtführung. Tolle Schule mit netten und hilfsbereiten Menschen. Muss unbedingt unregelmässige Verben konjugieren lernen.
  • Die 38 Grad Celsius heute waren selbst für BsAs rekordverdächtig, morgen soll’s wieder angenehme 27 Grad werden.
  • Die Standardportion Rindfleisch pro Person im Restaurant sei 500g. Werden wir demnächst ausprobieren.
  • Erster Eindruck: Hier in BsAs wird’s uns mächtig gefallen, ich spür’s.

La maleta desaparecida

Im Nachhinein war es bloss ein kurzer Schreck: Fängt so jetzt das Abenteuer an? Jedenfalls standen wir im Flughafen Ezeiza am Gepäckband und der Strom von Menschen und Koffern aus dem Lufthansa-Jumbo ebbte langsam ab. Aber Carmens Koffer war nirgends aufgetaucht. Nur ein sehr ähnliches Modell drehte auf dem Gepäckband einsam seine Runden…

Eine Stunde später fuhren wir erstmals mit einer «Vermisstenanzeige» und nur einem Koffer in die Stadt. Hier konnten wir problemlos unsere Wohnung übernehmen. Danach versuchten wir uns einigermassen erfolgreich im Geldwechseln, Einkaufen und Mittagessen. Und siehe da, nachmittags um vier fand schliesslich auch Carmens Koffer per Kurier den Weg zu uns. Soll mal einer sagen, die Porteños seien nicht organisiert.

Auf geht’s

Die letzte Woche war ein ziemliches Wechselbad der Gefühle: Auf einmal war die Nervosität da und ging nicht wieder weg. Die Laune wechselte ständig zwischen Hochgefühl und Krisenmodus. Alle Eventualitäten wurden durchgekaut und gleichzeitig hab ich mir immer wieder vergegenwärtigt, wie toll das kommende Halbjahr werden wird. Nun ja, so ist das halt bei mir vor grossen Veränderungen…

Jedenfalls haben wir alle verbleibenden Aufgaben abgearbeitet: Die Wohnung ist aufgeräumt, die ersten Reiseziele sind geplant und die Koffer sind gepackt. Der umfangreiche Gerätepark ist im Handgepäck verstaut (wie haben wir das bloss früher gemacht, als es noch keine iPads und Laptops gab?) und für den heutigen Flug nach Buenos Aires sind wir eingecheckt. Noch 3 Stunden, dann fahren wir los. Das kalte Wetter macht den Abschied einfacher, in Buenos Aires erwarten uns rund 30 Grad.

Unser Dank geht an alle, die uns bei der Planung der Reise geholfen haben, die uns wertvolle Tipps und Details zu einzelnen Destinationen geliefert haben, oder die uns moralisch für unser Vorhaben unterstützt haben. Wir wünschen Euch allen eine gute Zeit in der Schweiz (oder wo auch immer), lasst uns in Kontakt bleiben und wir freuen uns, Euch im zweiten Halbjahr 2017 wiederzusehen.

¡Hasta luego!