In naher Zukunft wird uns der Kleiderschrank vorschlagen, welche Kleider wir anziehen sollen, und beim Zähneputzen wird uns der Spiegelschrank Nachrichten vorlesen und Schminktipps geben. So jedenfalls präsentierte uns Samsung die Zukunft in ihrer interaktiven Ausstellung «Samsung D’Light». In bunt schillernden Showräumen konnten wir am Hauptsitz des koreanischen Elektronikriesen dessen neuesten Geräte und Gadgets bestaunen und ausprobieren. So wissen wir jetzt, dass Samsung neben Händis und Smart-TVs auch noch Waschmaschinen, Kühlschränke, Staubsauger und Backöfen herstellt und Lebensversicherungen verkauft.
Der Büroturm von Samsung steht mitten in Gangnam, Seouls Quartier südlich vom Han-Fluss. Dieses (hochpreisige) Trendquartier wurde vor fünf Jahren weltbekannt, als der koreanische Popstar PSY mit seinem «Wop, wop-wop-wop Gangnam-style!» den K-Pop auch in der westlichen Welt bekannt machte. Tatsächlich dominieren hier Sportcoupés und SUVs deutscher Herkunft, während sonst auf Seouls Strassen vornehmlich Hyundais und Kias verkehren. Und damit die Leute auch alle schön aussehen, gibt es hier ganze Strassenzüge mit Schönheitskliniken. In Südkorea ist eine Augenlid-Operation das gängige Geschenk zum Schulabschluss der Tochter, und oft darf auch etwas mehr geschnipselt, gestrafft oder vergrössert werden, denn ein schöner (Frauen-)Körper ist wichtig in der männerdominierten koreanischen Gesellschaft.
Natürlich ist Gangnam auch beim Thema Shopping vorne mit dabei, mit all den Flagship Stores bekannter internationaler Marken. Das Epizentrum von Seouls Einkaufsmöglichkeiten liegt aber in Myeong-dong, wo neben einer Unzahl von über- und unterirdischen Läden und Shoppingmeilen die beiden Grossen der Branche dominieren: Shinsegae («Neue Welt» auf koreanisch) und Lotte (wie die Lotte aus Goethe’s «Werther» – der Firmengründer war Goethe-Fan). Das Shinsegae-Kaufhaus in Myeong-dong ist das ebenbürtige Pendant zum Londoner Harrod’s: Auf 14 Etagen gibt’s in diesem Marmorpalast alles zu kaufen, was einen Markennamen hat, auch die Schweizer Uhrenindustrie belegt ein halbes Stockwerk. Und «Lotte» füllt in Myeong-dong einen ganzen Strassenblock. Der Konzern betreibt in Korea eine Supermarktkette, Kaufhäuser, Kinos und Hotels. Und vor zwei Wochen hat die Firma das 5-höchste Gebäude der Welt eröffnet: Der 555m hohe «Lotte World Tower» steht gleich neben «Lotte World», dem weltweit grössten Indoor-Freizeitpark.
Ach ja, und dann war es auch Lotte, die der US-amerikanischen Armee kürzlich das Land für eine neue Raketenbasis zur Verfügung gestellt hat. Den Chinesen passte das bekanntlich nicht so in den Kram, weshalb die Partei kurzerhand Gruppenreisen nach Südkorea verboten hat. Dies wiederum trifft den koreanischen Handel und insbesondere die vielen «Duty free»-Läden empfindlich, denn normalerweise kommen rund die Hälfte von Seouls Touristen aus China.
Wir Westler mussten trotz den unbegrenzten Shopping-Möglichkeiten feststellen, dass die Beschaffung von (für uns) «normalen» Lebensmitteln nicht ganz einfach ist. Da es hier aber unendlich viele Restaurants gibt, ist das nicht weiter schlimm: Wir gehen einfach auswärts essen. Koreanisches Essen ist sehr fein und interessanterweise ist der Restaurantbesuch oft günstiger, als wenn wir selber kochen würden. Jetzt bräuchten wir nur noch dieses Samsung-Gerät, dass uns jeweils die Menükarte übersetzen und vorlesen würde…