Am Sonntagnachmittag kamen wir in Xinjie an. Hier in dieser abgelegenen Hügellandschaft liegen die berühmten Reisterrassen von Yuanyang. Ende Juni stehen die Reispflanzen schon recht hoch in den Paddies und für die richtig spektakulären Fotos waren wir eigentlich zu spät dran. Wir fanden’s aber trotzdem super eindrücklich, all diese terrassierten Hänge. Vom tiefsten bis zum höchsten Reispaddy sind es um die 3’000 Stufen, die ältesten sind tausend Jahre alt. Eine sehr idyllische Landschaft, jedenfalls für die Touristen; für die Reisbauern weniger, die gehen nämlich nach wie vor zu Fuss auf ihre Felder, und bei der Ernte müssen sie ihren Reis ins Dorf hochschleppen. Eine Mechanisierung ist bei diesen steilen, kleinteiligen Feldern fast unmöglich.
Zum Glück hatten wir am Sonntagabend noch ein paar Fotos geschossen, denn am Montag standen wir zwar um viertel nach fünf auf, doch ergaben sich wegen des schlechten Wetters keine schönen Sonnenaufgangsfotos. Also machten wir uns einen ruhigen Tag, denn auch die Marktbesichtigung in Xinjie machte bei strömendem Regen nicht so richtig Spass.
Für’s Mittagessen gingen wir ins Dorfrestaurant, und das wurde dann die Grenzerfahrung des Tages. Schon im Nord-Yunnan hatten wir festgestellt, dass das Essen «einfacher» wurde, je weiter man sich von den Städten entfernte, und so weit abgelegen wir hier in Xinjie waren wir noch nie. In den traditionellen chinesischen Restaurants ist es üblich, dass man bei der gekühlten Auslage sein Essen auswählt, worauf dieses dann gleich zubereitet wird. Und was da heute in der Truhe lag, das wäre in Europa nicht mal mehr als Gammelfleisch durchgegangen. Wir versuchten also, so vegetarisch wie möglich zu wählen, aber unser Guide bestellte noch einen Innereienteller dazu. So bedurfte es beim Essen dann doch einer gewissen Überwindung, zumal auch Dutzende von Fliegen ständig um unseren Tisch surrten. Frank und unser Fahrer versicherten uns zwar immer wieder, dass das Essen hier gut sei, aber Carmen hatte schon lange zuvor die staatliche Hygieneplakette erspäht, welche das Restaurant nur mit einem «C» auszeichnete («A» ist das beste, «C» das schlechteste). Dass gleich 20m neben dem Restaurant auf offener Strasse eine Sau geschlachtet wurde, half auch nicht unbedingt…
Am Nachmittag fanden wir dann doch noch ein kurzes nebel- und regenfreies Fenster, um von einem Aussichtspunkt aus einen exzellenten Rundblick zu geniessen und ein paar brauchbare Fotos zu schiessen, denn am nächsten Tag mussten wir bereits wieder die Rückfahrt nach Kunming antreten.
Die siebenstündige Autofahrt unterbrachen wir aber noch in Shilin, was auf Deutsch so viel wie Steinwald heisst. Und genau diesen gingen wir nach dem Mittagessen anschauen. Beim Steinwald handelt es sich um ein Karstgebiet, in welchem sich durch Wasser und Erosion über die Jahrtausende ganz spezielle Gesteinsformen herausgebildet haben. Der Ort hat eine geheimnisvolle Aura und lässt sich über ganz verschlungene Wege erkunden. In den skurrilen Fels-Skulpturen lassen sich mit etwas Fantasie diverse Figuren erkennen. Zum Glück war das Wetter nicht ganz so gut, sonst hätte es wohl noch zwei Millionen mehr chinesische Touristen gehabt. Denn da die Anlage als AAAAA-Cultural-Site gilt, legt ganz sicher jeder Yunnan-Tourist hier einen Stopp ein (so auch wir).
Zurück in Kunming verabschiedeten wir uns von Guide und Fahrer, und so langsam machte sich eine etwas melancholische Stimmung breit: Noch zwei Übernachtungen in Kunming, dann würden wir uns auch von China verabschieden müssen, und mit dem Rückflug in die Schweiz würde unsere lange, schöne Reise zu Ende gehen.
Epilog
Mit diesem Bericht geht auch dieser Reise-Blog zu Ende, nach 68 Berichten, 66 Kommentaren und bis heute mehr als 5’400 Seiten-Aufrufen. Damit ist das Projekt ganz gut gelungen, glaube ich. Ich hoffe, das Lesen hat Euch allen genauso viel Spass gemacht, wie mir das Schreiben.
Adiós, good bye, 안녕, ni sa mode, 再见 und tschüss!